Die Blutigen Hände
„Warum wir die besten Söldner im Diesseits sind? Das ist einfach: Weil wir immer mit ganzem Herzen dabei sind beim Morden und Plündern und Sklavenfangen. Wir lieben unsere Arbeit, das ist alles.“
- Malvaric ex Gladius, Häuptling der Blutigen Hände
Von all den ungezählten Söldnerkompanien, die im Grenzgürtel kämpfen, plündern und sterben, ist keine gefürchteter als die Blutigen Hände. Ihre Krieger, Orks ebenso wie Menschen, haben einen Ruf von blutgieriger Effizient, von zielgerichteter Grausamkeit und von berechnender Begeisterung für Gewalt. Sie hüllen sich in ihren fürchterlichen Ruf wie in einen blutgetränkten Mantel und tragen ihn mit Stolz. Sie sind das Grossschwert der Handelskompanie, wuchtig und alles andere als subtil, aber auch scharf und absolut tödlich.
Die Blutigen Hände umfassen zur Zeit, je nach Quelle, einige hundert, eintausend oder auch mehrere tausend Kämpfer. Etwa die Hälfte davon sind Orks, die andere Hälfte hauptsächlich Menschen. Auch einige blutrünstige Zwerge haben sich den Blutigen Händen angeschlossen, ebenso wie mehrere Dutzend bösartiger Elfen. Alte Feindschaften werden abgelegt beim Eintritt in die Kompanie. Nur Ogern wird die Aufnahme verwehrt, da sie Orks bis in den Kern ihres Wesens verhasst sind. Die Hierarchie in der Kompanie ist einfach: Sie kennt mehrere Hauptleute, die dem Häuptling unterstehen. Weitere Offiziersränge gibt es nicht. Unter den Hauptleuten der Blutigen Hände finden sich auch Orkinnen, die je ihre eigene rachnak befehligen. Viele der Orks in der Kompanie sind ungragh, mutterlos, was sie in jedem anderen Stamm zu einem minderwertigen Aussenseiter machen würde; bei den Blutigen Hände hingegen können sie ihren Wert beweisen und sich Anerkennung verdienen wie jeder andere Krieger. Viele ungragh, die aus ihrem Stamm geflohen sind, schliessen sich deshalb den Blutigen Händen an. Die Menschen unter den Blutigen Händen stammen aus aller Herren Länder, und viele werden in der ein oder anderen Provinz wegen blutiger Verbrechen gesucht.
Die Blutigen Hände haben nur einen Auftraggeber: die Imperiale Handelskompanie. Sie bezahlt die Söldner ausschliesslich in Silber und versorgt sie mit Waffen und Ausrüstung. Dafür führen die Blutigen Hände jeden Auftrag aus, bei dem die Handelskompanie Blutvergiessen für angebracht hält; die Blutigen Hände brüsten sich damit, bei jedem Einsatz einen Menschen zu töten, selbst wenn dies unnötig oder gar kontraproduktiv ist. Bekannt ist ein Zwischenfall in Elfentor, wo einige Blutige Hände als Leibwächter eines Schiffsmeister angeheuert waren. Die Geschäfte des Händlers liefen unerwartet reibungslos, seine Vorsichtsmassnahme erwies sich als unnötig. Also suchten die Blutigen Hände die nächste Taverne auf und töteten wahllos drei Gäste. Seit Ende des Krieges sah die Kompanie keinen Einsatz als Ganzes mehr; sie ist heute verteilt über den ganzen Grenzgürtel in kleinen Einheiten und dient als Sklavenjäger, Leibwächter und Schutz für Karawanen und Schiffe.
Man kann die Mitglieder der Blutigen Hände leicht erkennen an den blutroten Tätowierungen auf ihrer Waffenhand; viele tätowieren sich auch die andere Hand, die Arme oder das Gesicht. Diese Tätowierungen müssen als Aufnahmeritual selbst gestochen werden und sehen entsprechend krud aus. Die Söldner dürfen die Tätowierung an der Waffenhand nie verstecken; tragen sie Handschuhe, so müssen diese ebenfalls blutrot sein. Wird ein Krieger der Blutigen Hand erwischt, der seine Tätowierung zu verbergen sucht, so töten ihn seine Vorgesetzten und Kameraden auf der Stelle. Die Blutigen Hände sind stolz auf ihre Kompanie und ihren Ruf; feiges Verstecken seiner Zugehörigkeit bringt Schande über die ganze Kompanie.
Blutige Hände sind vielleicht die einzigen Orks, denen man in Friedenszeiten in Städten der Menschen begegnen kann. In einigen Provinzen, etwa auf Melweth oder Durrendaal, ist den Orks Aufenthalt bei Todesstrafe verboten. In den meisten anderen werden sie nur geduldet, solange sie in Begleitung von Menschen, Elfen oder Zwergen sind. Die Offiziere der Kompanie haben nie versucht, die Wildheit und Blutlust der Orks zu zügeln, im Gegenteil: Der gewalttätige und unberechenbare Charakter der Orks wird von der Kompanie bewusst zur Schau gestellt und von anderen Mitgliedern nachgeahmt. Die Kompanie sorgt auch dafür, dass ihren Orks nie langweilig wird. Sollten die Grünhäute irgendwo länger stationiert sein, auf einer Pflanzerinsel etwa, so sorgen die Offiziere dafür, dass ihnen regelmässig würdige Gegner wie Tiger, Bären oder Sklavengladiatoren geliefert werden.
Geschichte
Einst waren die Blutigen Hände ein einfacher Orkstamm in den Bergen von Gatruush. Durch ihr Gebiet führte die einzige Handelsroute, welche einen Aussenposten der Handelskompanie mit der Küste verband. Wertvolle Pelze, seltenes Immerholz und auch Silber wurden auf dieser Route transportiert. Die Karawanen waren schwer bewacht, aber der Weg führte durch mehrere orkische Stammesreviere, und immer wieder gingen ganze Karawanen verloren. Dann hatte ein unternehmungslustiger Händler eine Idee, die allgemein für verrückt gehalten wurde: Er suchte die Blutigen Hände auf und heuerte sie an, die anderen Orkstämme entlang der Route zu vernichten. Seine Wahl war hervorragend getroffen, hatten die Blutigen Hände doch lange im Schatten stärkerer Stämme gestanden, und erkannte ihr ehrgeiziger Häuptling Garnshorak doch die Gelegenheit, die sich bot. Ausgerüstet mit Waffen und Rüstungen aus besserem Stahl, als die Orks je schmieden könnten, und unterstützt von einigen ruchlosen Söldnern der Handelskompanie, unterwarfen die Blutigen Hände tatsächlich alle umliegenden Stämme. Ihre Reihen schwollen an und ihr Ruf wuchs. Mochten andere Orks sie kriecherische Knechte der schwächlichen Rosahäute nennen, so kümmerte dies die Blutigen Hände nicht. Sie hatten, was sich jeder Ork wünschte: genug Gegner, brutale Kämpfe, blutige Siege, und dazu Hände voller Silber.
Als die umliegenden Stämme besiegt waren, wollte der opportunistische Garnshorak die Allianz mit der Handelskompanie beenden. Da aber trat einer der menschlichen Söldner, die mittlerweile wie Stammesmitglieder behandelt wurden, vor und forderte den Häuptling zum Zweikampf. Garnshorak nahm lachend an und stellte sich dem schmächtigen Menschling, höchsten halb so schwer und zwei Köpfe kleiner als der gewaltige Ork. Der Kampf endete schnell und unerwartet mit dem Tod des Häuptlings. Seinen Platz übernahm der Mensch Malvaric ex Gladius, einer der besten Schwertkämpfer Valeriens. Man munkelt, Malvaric sei von der Handelskompanie angeheuert worden mit dem genauen Auftrag, Garnshorak zu ersetzen, falls er sich von der Handelskompanie trennen wolle. Die Orks der Blutigen Hände waren schockiert, und Malvaric musste in den nächsten Wochen noch einige Dutzend Male seine Stellung in Zweikämpfen behaupten. Schliesslich wurde klar, dass der Schwertmeister weder Skrupel noch Schwäche kannte; die Orks zollten ihm endlich grollenden Respekt.
In den nun acht Jahren unter Malvaric kämpften die Blutigen Hände überall, wo die Handelskompanie sie brauchte, auch auf Eschaton gegen die Föderierten. Der Stamm wuchs weiter und nahm nicht nur weitere Orks und Menschen auf, sondern auch einige Elfen und Zwerge. Die Orks, die einst Garnshorak folgten, haben Malvaric längst als wahren Häuptling akzeptiert; sie stehen mit erstaunlicher Loyalität hinter ihm. Seit Ende des Krieges sahen die Blutigen Hände keine grosse Schlacht mehr, und sie werden zur Zeit von der Handelskompanie vor allem als Sklavenjäger, Wächter auf Pflanzerinseln und für ähnliche Aufgaben eingesetzt. Den Orks der Blutigen Hànde passt dies wenig, sie möchten sich wieder mit würdigen Gegnern messen. Doch Malvaric weiss wohl, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die streitbaren Stadtstaaten Yumenechs wieder ihre Söldnerheere über die trockenen Ebenen Yumenechs schicken oder Ogerplünderer den bitterkalten Norden Gatruushs bedrohen. Dann werden wieder die Interessen der Handelskompanie bedroht sein, dann werden die Blutigen Hände wieder in den Krieg geschickt werden.