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morenu

Morenu


“Man kann es nicht anders sagen: Der Schutzgott des Valerischen Imperiums, sein Herr des Himmels und Wächter der Göttlichen Ordnung und König des Diesseits, ist ein ungehobelter Rabauke.“
- Zugeschrieben dem zwergischen Priester Luggwosch

Eine Sage aus dem Kanon Morenus:
„Einst, als die Welt noch jung war, da bewegt sich die Sonne noch nicht regelmässig und verlässlich, sondern willkürlich und unvorhersehbar. In jenen Tagen kam der Herr Morenu zu einem Bauern neben der verbrannten Ruine seines Hauses und fragte ihn, was geschehen sei. „Die Sonne!“, erwiderte der Bauer. „Sie blieb stehen über meinem Hofe und schien voller Hitze, bis er Feuer fing.“ - „Das ist nicht Recht“, sprach Morenu. Kurz darauf kam er zu einem zweiten Bauern neben einem verdorrten Feld und fragt ihn, was geschehen sei. „Die Sonne!“, erwiderte der Bauer. „Sie blieb stehen über meinem Acker und schien voller Hitze, bis alle Pflanzen darauf verdorrte waren.“ - „Das ist nicht Recht“, sprach Morenu. Kurz darauf kam er zu einem dritten Bauern, dessen Augen erblindet waren, und fragte ihn, was geschehen sei. „Die Sonne!“, erwiderte der Bauer. „Sie blieb über mir stehen und schien mir in die Augen, bis ich blind ward.“ - „Das ist nicht Recht“, sprach Morenu und machte sich auf zum östlichen Horizont.
Als er dort anlangte, wartete der Herr Morenu, bis des Morgens die Sonne kam und sich in den Himmel erheben wollte. „Sonne“, sprach Morenu, „du schädigst die Menschen mit deiner Hitze und deinem Lichte und deiner Bosheit. Dies ist nicht Recht, und du sollst aufhören damit!“ Die Sonne aber lachte nur über Morenus Worte und spottete seiner. Also erschlug der Herr Morenu die Sonne.
Alsdann kehrte der Herr Morenu zurück zu den Bauern, ihnen das Ende ihrer Pein zu verkünden. Der erste Bauer aber sprach: „Nicht geholfen hast du mir, Herr: Ohne der Sonne Licht kann ich mein Haus nicht wieder aufbauen, und ohne ein Haus friere ich in dieser ewigen Nacht.“ Der zweite Bauer aber sprach: „Nicht geholfen hast du mir, Herr: Ohne der Sonne Licht gedeiht keine Getreide, und ohne Brot muss ich hungern.“ Der dritte Bauer aber sprach: „Nicht geholfen hast du mir, Herr: Ohne der Sonne Licht sieht niemand etwas, und keiner kann mich führen.“ Da erkannte Morenu das Unheil, welches er angerichtet hatte.
Also ging der Herr Morenu erneut zum östlichen Horizont, wo er der Sonne Leichnam fand. Kaum mehr leuchtete die Sonne, den ihr Blut trug ihre Kraft und floss aus ihren Wunden. So tauchte Morenu seinen Schild in der Sonne Blut, und der Schild begann zu leuchten wie die Sonne ehedem. Und Morenu schritt hoch über des Himmels Firmament, und sein leuchtender Schild brachte wieder Licht und Wärme über das Diesseits. So ward der Herr Morenu zum Gott der Sonne, und jeden Tag schreitet er nun über den Himmel getreu seiner Pflicht. Nie aber ist er willkürlich und boshaft wie die alte Sonne, sondern stets getreu und verlässlich.“

Aus einer kürzlichen Predigt des Hierophanten Clementius in Valeor:
„Doch nicht Seine Stärke ist es, deretwegen sich der Rechtschaffene dem Herrn Morenu unterwirft, sondern ob des Herrn Morenus rechtmässigen Platz als König des Diesseits. Und nicht wegen des Herrn Morenus Liebe zu den Sterblichen gibt sich der Rechtschaffene in Seine Hand, sondern im Vertrauen auf des Herrn Morenus gerechtes und untadeliges Urteil. Von all den vielen grossen Tugenden des Herrn Morenus ist die grösste seine Majestät.“

Aus einer kürzlicheren Predigt des Primarchen Bors, Hohepriester von Melweth:
„Die weichärschigen Pfaffen in Trieston und Valeor wollen uns weismachen, wir müssten den Herrn Morenu verehren, weil es sein Recht als König des Diesseits sei. Ich aber sage, und jeder wahre Gläubige stimmt mir zu: Deren Worte sind soviel wert wie das, was beim Hund hinten rauskommt. Wir verehren den Herrn Morenu nicht einfach, weil er über uns steht, sondern weil er sich diesen Status verdient hat, und weil er seine Pflichten getreu erfüllt, und weil er das Diesseits mit seiner Kraft beschützt vor jedem Feind. Deswegen gebührt dem Herrn Morenu unsere Verehrung, und deshalb ist sie würdig und wahrhaftig.
Die saftlosen Sesselkleber in Trieston und Valeor behaupten, der Herr Morenu sei unfehlbar in seinem Urteil. Das ist blödes Gerede, und schlimmer noch: Das ist beleidigend für den Herrn Morenu. Denn es ist nicht schwierig, das Rechte und das Richtige zu tun, wenn man immer weiss, was es ist. Zu handeln aber mit der besten Absicht und im Wissen, dabei fehlen zu können, das bedarf des Mutes. Und zu erkennen, wann man gefehlt hat, und die falsche Tat wieder gut zu machen, das bedarf der Grösse. Von beidem hat der Herr Morenu mehr als jeder andere, und deshalb ist er der Herr des Himmels, nicht weil es sein rechtmässiger Platz ist, und deshalb vertrauen wir seinem Urteil und eifern ihm nach.
Die milchbäuchigen Samtroben in Trieston und Valeor sprechen von des Herrn Morenus Majestät und Würde, als würden die seine Grösse ausmachen. Das ist schierer Unverstand, denn sie wollen Morenu in eine Rolle zwingen, die nicht seine ist. Sie hören nicht gerne, dass der Herr Morenu Horgenhil zu Tode soff und Bolgr mit dessen eigenem Glied erschlug, denn diese Geschichten sind ihnen nicht majestätisch und würdevoll genug. Wir Gläubigen aber wissen, dass Morenu auf Majestät pfeift, und dass seine Würde aus seiner Tatkraft erwächst.
Die schöngeistigen Pfaffen in Trieston und Valeor vergessen, dass der Herrn Morenu der Unbesiegte ist, und dass nicht einmal seine kluge Gattin je versuchte, ihn zu ändern. Ich sage, es ist frevlerisch und anmassend, dem König des Diesseits vorzuschreiben, wie er sein soll.“


Morenu ist der Gott der Sonne und der Stärke und auch des verantwortungsbewussten Umgangs mit letzterer. Er ist der Herr des Himmels, der König des Diesseits, der Wächter der Ordnung, der Träger der Treue. Er ist Unbesiegt und herrscht über die Götter des Diesseits. Seine Macht ist gross und seine Kraft gewaltig. Er ist der Gatte der Epsis, Königin des Jenseits, und einer der drei höchsten Götter des Tritheons.

Zum König des Diesseits stieg Morenu aus eigener Kraft auf, da er einstmals alle Konkurrenten erschlug, verbannte oder unterwarf. Doch nicht aus persönlichem Streben tat er dies, sondern aus Zorn ob deren tyrannischer Herrschaft. Ungezählt sind die Sagen und Legenden, in denen Morenu wider Titanen, Dämonen und Götter streitet und stets siegreich bleibt.

Morenu liebt die Sterblichen und ihr Streben; so wacht er darüber, dass sie ihren eigenen Weg in der Welt gehen können. Zugleich ist er der Wächter der Ordnung und der Gott der Herrschaft; er verlangt, dass ein jeder seine Pflichten erfülle und Verantwortung für sein Tun trage.

Von unerschöpflicher Tatkraft ist Morenu, und dabei stets treu und verlässlich; doch auch impulsiv und jähzornig kann er sein. Anders als sein Gattin hat er nie Ehebruch begangen, und ihren verfolgt er stets mit rasender Eifersucht.

Des Tages schreitet der Herr Morenu über den Himmel und beleuchtet mit seinem strahlenden Schild das Diesseits. Von Morenus Macht erfüllt, vertreibt dieses Licht unheilige Kreaturen. Des Nachts verhüllt Morenu seinen Schild mit dem Dunklen Schleier der Epsis und wandert entlang den Grenzen des Diesseits auf der Suche nach Dämonen, die von Ausserhalb hereinzuschleichen suchen.

Morenu wird üblicherweise dargestellt als breitschultriger junger Mann mit dunklen Locken. In seiner Linken trägt er den Speer Aurûun und in der Rechten den Sonnenschild. Über seinen Schulter liegt der Mantel aus Dreifach Treu, und an seinem Gürtel trägt er Skaggnars Horn.

Der wilde Stier, welcher mit unnachgiebiger Kraft seine Herde verteidigt, ist dem Morenu heilig. In manchen Ländern opfern Feldherren dem Herrn Morenu einen Bullen vor einem Feldzug und einen nach ihrem Sieg. Auch die grossen Vögel wie der Goldalbatros, dessen müheloser Flug den Himmel durchzieht, sind Morenu geweiht, und die Priester lesen aus ihrem Fluge den Willen des Königs des Diesseits.


Der Kult des Herrn Morenu


Die Verehrung Morenus ist auf den Valerischen Inseln ebenso weit verbreitet wie im Grenzgürtel, und sie ist überall tief verwurzelt. Die Kirche ist recht einheitlich organisiert und kennt nur wenige Splittergruppen, dafür aber eine Trennung in zwei informelle Lager, die Orthodoxen und die Modernisten. Die Kirche wird gegen aussen vertreten durch den Hierophanten, der jedoch innerhalb der Kirche selbst nicht mehr Einfluss hat als die anderen Hohepriester, welche je einer Region vorstehen. Viele Hohepriester sind auch Primarchen. Unter den Hohepriestern stehen die Priester, welche angehalten, aber nicht gezwungen sind, den Weisungen der Hohepriestern zu folgen. Wegen Morenus Stellung innerhalb des Tritheons hat das Wort seiner Hohepriester auch unter den Priestern anderer Göttern hohes Gewicht. Im Grenzgürtel gibt es drei Hohepriester, darunter Bors, den einzigen Primarchen dieser Region. Die Priesterschaft Morenus ist Männern vorbehalten.

Der Kanon Morenus ist die Sammlung aller Legenden und Sagen über Morenu und seine wundertätigen Anhänger. Bedenkt man die weite Verbreitung des Glaubens und seiner tiefen Verwurzelung in altem Volksglauben, so überrascht nicht, dass dieser Kanon ausufernd und unübersichtlich ist. Mehr noch: Er ist oft offen widersprüchlich und gelegentlich unsinnig. So gibt es mindestens vier verschiedenen Geschichten darüber, wie Morenu zu seinem Speer Aurûun kam. Eine davon ist zwar derart bizarr und sinnlos, dass sie ausserhalb Quernars ganz einfach ignoriert wird, alle vier aber haben sie Eingang in den Kanon gefunden und werden deshalb von der Kirch als wahr angesehen. Die meisten Geschichten über Morenu handeln davon, wie er die Welt von einem grossen Übel befreit, meist indem er besagtes Übel erschlägt. Dabei steht ihm aber oft sein impulsives Wesen im Weg, so dass er zuerst durch eine unüberlegte Tat ein noch grösseres Übel schafft. Stets aber übernimmt Morenu dann die Verantwortung für sein Handeln und macht das angerichtete Unheil wieder gut. Der Stil dieser Geschichten variiert stark, und oft sind sie recht derb und ungeschliffen.

Angesichts dieser Widersprüchlichkeit des Kanon gibt es eine starke Bewegung innerhalb der Kirche, ihn zu verkleinern und zu überarbeiten. Die Anhänger dieser Bewegung werden Modernisten genannt, und sie plädieren für eine einheitliche Lehre. Dabei möchten sie nicht nur Widersprüche aufheben, sondern auch jene Geschichten aus dem Kanon entfernen, die besonders zotig sind, oder in denen Morenu wahrhaftige Dummheiten begeht. Sie argumentieren, solche Erzählungen seien Morenus Würde als König des Diesseits abträglich. Diese Bewegung ist vor allem vertreten unter den Priestern, welche an einer Akademie studiert haben, und erhält Unterstützung von der Aristokratie und den gebildeten Schichten. Modernisten plädieren auch für eine stärker strukturierte Kirche, die sich auf eine staatstragende Funktion konzentrieren kann. Ein Grossteil der weltlichen Macht, welche die Kirche besitzt, wird von Modernisten ausgeübt.

Den Modernisten erwächst Widerstand von Seiten der Orthodoxen. Diese finden sich vor allem unter Priestern mit einfacher Herkunft und oft niedriger Stellung. Sie sind stark im volkstümlichen Aspekt des Glaubens verhaftet und halten eine Überarbeitung des Kanons nicht nur für unnötig, sondern für einen aktiven Sakrileg. Nicht die Einpassung in eine umfassende Lehre sei etnscheidend, sondern das Bild, welches der Kanon vom Herrn Morenu zeichne, und die Lehren, die aus den Geschichten gezogen werden könne. Die eifrigsten Vertreter der Orthodoxie sind von einfacher Herkunft und oft geringer schulischer Bildung, aber erfüllt von glühendem Glauben. Die Orthodoxie lehnt eine stärker strukturierte Kirche ab mit dem Hinweis, Morenu verlange auch von seinen Priestern Unabhängigkeit und Eigenverantwortung. In der breiten, vor allem ländlichen Bevölkerung haben die Orthodoxen grossen Rückhalt.

Im Grenzgürtel dominieren die Orthodoxen. Seit Beginn des Krieges sind allerdings viele Modernisten in den Grenzgürtel gekommen, und sie stellen mittlerweile auch einen der drei Hohepriester. In vielen Gegenden werden die Modernisten allerdings mit dem Imperium in Verbindung gebracht und sind daher unbeliebt.

Unter den Anhängern Morenus von starkem Glauben findet sich die Fähigkeit, Dämonen und böse Geister durch einen schieren Willensakt bannen zu können. Diese Fähigkeit ist nicht nur Priestern vorbehalten, doch ist jeder Priester Morenus zusätzlich darin ausgebildet, solche Kreaturen zu bekämpfen. Darüber hinaus gibt es viele Berichte, dass Priester Wunder wirken können, wenn es Unschuldige vor den Feinden der Schöpfung zu schützen gilt. In jüngerer Zeit werden solche Wundern vor allem von orthodoxen Priestern berichtet, was die Orthodoxie auch gerne als Beweis dafür anführt, dem Willen Morenus besonders getreu zu folgen.

Unter Morenus Priesterschaft finden sich bescheidene Asketen ebenso wie genusssüchtige Prahlhänse. Manche sind von geradezu liederlichem Lebenswandel, und die meisten sind von grosser Willensstärke. Nur die wenigstens halten ein freiwilliges Zölibat ein; eine beachtliche Minderheit ist mit einer Priesterin der Epsis verheiratet. Modernisten sind oft grosse Förderer der Künste; unter ihnen findet sich auch eine Tendenz zu Prunksucht. Orthodoxe neigen zu grosser Lebenslust und Streitbarkeit. Der Primarch Bors etwa ist häufig in den Gasthäusern Melweths zu finden, und seine kürzliche Prügelei mit einigen Fischern ist immer noch ein beliebtes Gesprächsthema in der Stadt.

Zu den Pflichten des Priesters gehört das Ritual des Sonnengrusses bei jedem Sonnenaufgang, eine kurze Messe. Ein längerer Gottesdienst wird mittags abgehalten, und bei Sonnenuntergang steht das Schutzgebet an. In kleinen Tempeln findet der Mittagsgottesdienst oft nur einmal in der Woche statt, in den grösseren täglich. Sonnengruss und Schutzgebet müssen auf jeden Fall täglich abgehalten werden, können aber überall stattfinden.

Für die rituellen Handlungen tragen die Priester eine himmelblaues Robe, welche mit Stickereien aus Goldfäden verziert ist. An jedem Jahrestag seiner Weihe werden neue Stickereien hinzugefügt, ebenso wie nach jeder bedeutenden Tat des Priesters. Während die jährlichen Stickereien in der Form, Grösse und Platzierung festgelegt sind, werden jene für des Priesters Wirken seinen Taten angepasst. Alte Priester Morenus haben daher prächtig verzierte Roben, an denen manchmal kaum noch Blau auszumachen ist, und an denen man alle Errungenschaften des Priesters ablesen kann. Wenn diese Robe auch nicht dauernd getragen wird, so kann man die Priester des Herrn Morenus doch stets an der goldenen Sonnenscheibe erkennen, welche sie an einer Kette um den Hals tragen.

Die bedeutendsten Feiertage Morenus sind die beiden Sonnenwenden, an welchen die Priester eine rituelle Reinigung ihrer Gemeinde vom Bösen durchführen. Anschliessend wird ausgelassen gefeiert. Daneben gibt es viele regionale Feiertage, meist in Erinnerung an eine Tat, die Morenu in jener Gegend vollbracht hat. Da die Rituale an jenen Feiertagen von den jeweiligen Legenden bestimmt werden, können sie teilweise recht seltsame und wilde Formen annehmen. Einige Gegenden etwa kennen das Horgenhilting, welches an Morenus Sieg über den Titanen Horgenhil erinnert. Dabei findet ein grosses Wetttrinken statt, dessen Sieger danach die Leber und das Herz eines Opferstieres verzehren darf. Diese sollen Stärke und Erfolg für das kommende Jahr gewähren, falls der Sieger sie im Magen behalten kann. Den Modernisten ist dieser wenig würdevolle Feiertag übrigens ein Gräuel.


Sagen und Legenden aus dem Kanon Morenus:

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