Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


orkische_familienstrukturen

Orkische Familienstrukturen


Aus „Sieben Jahre unter Orks“ von Reodgar von Courwyl:

„Meine Verwirrung ob der Verwandtschaften im Stamme legte sich erst, als ich eines Abends Ghortak nach seinem Vater befragen wollte. Er verstand diese Frage nicht, so sehr ich sie auch zu umschreiben versuchte. Schliesslich wurde mir klar, dass es nicht daran lag, dass ich das orkische Wort für Vater nicht kenne; nein, es ist vielmehr so, dass die Orks dieses Wort nicht kennen!
Es dauerte noch mehrere Tage, doch schliesslich verstand ich das orkische Konzept von Familie und Abstammung: Der einzige männliche Ork des Stammes, der mit Frauen liegt, ist der Häuptling, ergo ist der Vater eines jeden Orks der Häuptling zur Zeit seiner Zeugung. Man stelle sich vor, eines jeden Mannes Vater sei der König: Es wäre ein jeder ein Prinz, und es verlöre auch für uns Menschen väterliche Abstammung jegliche Bedeutung.
Orkische Abstammung definiert sich daher alleine über die matriarchale Linie. Auf eine Orkenweib werden 20 oder 30 Männer geboren, oder noch mehr. Selbst wenn er nicht früh im Kampfe erschlagen wird, so kann der Ork nicht damit rechnen, mehr als 30 Sommer zu sehen; die Frauen des Orks hingegen können mehr als doppelt so alt werden. Was ihnen im Vergleich mit den Männern fehlt an Wildheit und Kraft, machen sie wett mit Schläue und Zähigkeit. Vor allem aber nehmen sie innerhalb eines Stammes eine äusserst wichtige und einflussreiche Position ein.
Die Söhne der Orkin bilden, was der Orks rachnak nennt und ich mit „Brut“ übersetze; ich verwarf nach einigem Überlegen, dieses Gebilde „Familie“ zu nennen, auch wenn die Mitglieder einer Brut eine Einheit innerhalb des Stammes bilden. Wie zwischen allen Orks ist auch innerhalb einer Brut Konflikt und Gewalt üblich, doch führt dies ohne Zustimmung der Mutter nie zu Todesfällen oder bleibenden Schäden, und der Ork kann erwarten, dass ihm seine Brutbrüder in Auseinandersetzungen innerhalb des Stammes beistehen. Die Brut untersteht dem Wort der Mutter, welche jederzeit einen Sohn aus der Brut verstossen kann. Dies ist ein furchtbares Schicksal und führt unweigerlich zum Tode des Verstossenen oder seinem Abstieg in die Sklaverei. Dasselbe droht einer Brut, deren Mutter stirbt. Die Bezeichnung ungragh – „mutterlos“ – ist die schlimmste Beleidigung, die der Ork kennt.
Erkennt man die zentrale Rolle, welche Brut und Mutter im Dasein des Orks einnehmen, so versteht man endlich die hohe Stellung der Orkin im Stamme. Tatsächlich ist der ehrwürdigste Rang nicht Häuptling, sonder Häuptlingsmutter. Doch die Orkin kann nicht direkten Einfluss auf den ganzen Stamm ausüben: Jede Brutmutter wacht eifersüchtig über ihre Söhne, und der Ork, welcher sich von einer anderen Orkin befehlen lässt, wird als schwach gesehen – eine tödliche Schmach. So kann denn auch eine Häuptlingsmutter nur ihren eigenen Söhnen befehlen und muss sich hüten, sich zu sehr in die Leitung des Stammes einzumischen: Entsteht die Meinung, der Häuptling sei nur das Mundrohr seiner Mutter, führt dies stets zu offener Rebellion und endlich zum Tode von Häuptling und Mutter gleichermassen.
Die kluge Häuptlingsmutter kümmert sich darum, die Macht ihres Sohnes zu festigen und überlässt ihm das eigentliche Herrschen. In der Tat befinden sich die Bruten des Stammes in ständigem Konflikt und Wetteifern um Vorherrschaft. Angesichts des Orken Natur erstaunt nicht, dass dies oft zu Mord und Totschlag unter den Männern des Stammes führt, derweil die Orkin intrigiert und ihre Söhne gegen jene der Konkurrentin aufstachelt. Dabei spielen auch die Verwandtschaften zwischen den Weibern eine Rolle: Der Ork kennt Tochterbrut und Schwesternbrut, die sich von den Blutsbanden der Brutmütter ableiten. Der Mensch mag nun vermuten, dass derart verbundene Bruten natürliche Verbündete sind, und manchmal ist dem so. Häufiger aber finden sich gerade zwischen Schwesternbruten und vor allem zwischen Mutter- und Tochterbrut besonders erbitterte Feindschaft.

Wie so vieles gelten die Strukturen der rachnak nicht während des WAAAGHH! Tatsächlich scheint ein Zusammenhang zu bestehen zwischen dem Verluste vieler Orkinnen und dem Auftreten jenes eigentümlichen mentalen Zustandes des Orks, welcher sich in der plötzlichen und ziellosen Gewalt des WAAAGHH! entlädt, und auch ungragh verliert dabei seine Bedeutung. So stand am Anfang des WAAAGHH! Ghortak der Tod der Häuptlingsmutter, wie ich später noch beschreiben werde. Ich vermag allerdings nicht zu beurteilen, ob dieses Sterben der Orkinnen Auslöser, Folge oder nur Nebenerscheinung des WAAAGHH! ist.“

orkische_familienstrukturen.txt · Zuletzt geändert: 2018/07/29 18:17 von 127.0.0.1